Kurz & Knapp
24.06.2024
Akut- und Notfallversorgung
Patientensteuerung lautet das Zauberwort
Von anderen Ländern lernen?
„Die Notfallreform ist ein dickes Brett“
Die Vertragsärzteschaft kritisiert in Bezug auf den Referentenentwurf vor allem die zusätzliche Belastung der Niedergelassenen. Die knappen ärztlichen Ressourcen, die eine effektive Patientensteuerung dringend erfordern, werden außer Acht gelassen, warnt Hofmeister. „Der derzeit vorliegende Referentenentwurf für ein Notfallgesetz geht in Teilen allerdings den entgegengesetzten Weg. Statt einer klar vorgegebenen Patient Journey, öffnet er die Türen von Akut- und Notfallstrukturen noch weiter und will sie rund um die Uhr für jedermann verfügbar machen, bis hin zu einem 24/7 verfügbaren Hausbesuchsdienst.“
Instrumente sind schon da
Harte Tür vs. offene Tür
Einigkeit bei Hotline first
Harte Tür oder offene Tür – was sich zunächst auszuschließen scheint, meine eigentlich dasselbe, nämlich die Forderung einer effizienten Patientensteuerung, korrigierte Hofmeister. Fakt sei nun mal, dass Menschen, die akut medizinische Hilfe benötigten, selbst oftmals nicht angemessen einschätzen können, wo sie diese Hilfe am einfachsten und passendsten finden können. „Wir fordern nicht, dass die Patientinnen und Patienten keinen Zugang zur Notfallversorgung mehr bekommen sollen“, klärte der KBV-Vize auf. „Sie sollen alle angehört werden. Und wir wollen ihnen dafür ein Angebot machen. Aber die Fachleute sollen danach entscheiden, welche Versorgung angemessen ist. Diese Entscheidung dürfen wir nicht den Bürgerinnen und Bürgern überlassen, denn sie können diese Entscheidung nicht treffen.“
Die Steuerung solle vor allem für die Patientinnen und Patienten da sein, ergänzt Wrede. „Beispielsweise haben viele Menschen keinen Hausarzt oder der ist im Urlaub und dann wissen diese Patienten oft nicht, an wen sie sich wenden sollen.“ Die Strukturen müssen niederschwellig sein, und genau da setze Hotline first an, sind sich die Experten einig.
In Zukunft müssen Menschen in medizinischen Notsituationen verstehen lernen, dass sie erst bei der Hotline anrufen müssen. Das Umdenken könne Scherer zufolge „durchaus sehr schnell gehen“. Dies habe sich beispielsweise nach der 2015 von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Hamburg in Auftrag gegebenen PiNo Nord-Studie gezeigt.
Die Studie hat erfasst, dass „30 Prozent, derjenigen, die die Notaufnahme aufsuchen, das ambulante System gar nicht richtig kennen und beispielsweise nicht wussten, dass es den Kassenärztlichen Bereitschaftsdienst gibt“, führte Scherer aus. Darauf habe die KV Hamburg reagiert, indem sie den Arztruf Hamburg eingerichtet und das Webseitenangebot umgestellt hat. Das habe schnell dazu geführt, dass das Angebot deutlich besser angenommen wurde.
Anna Michel