08.07.2021

Mit dem Piks aus den Praxen gegen die Pandemie

Das Foto zeigt eine Hand in blauen Einmalhandschuhen, die eine Ampulle des Covid-19-Impfstoffs von BioNTech hält. In der Ampulle steckt eine Spritze, die gerade aufgezogen wird.
Kurz vorm Piks: Ein Arzt zieht eine Spritze mit dem Impfstoff von BioNTech auf. Foto: IMAGO / ZUMA Wire / Dinendra Haria

Auch wenn der Weg lang und beschwerlich ist: Es geht voran. Deutschland ist dabei, sich aus der Corona-Pandemie zu impfen – vorneweg die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte. Seit April werden die Vakzine in Praxen gespritzt. Mit besserem Impfstoff-Nachschub könnte es noch etwas schneller laufen.

„Die Impfbereitschaft ist in Deutschland immer noch hoch und diese Bereitschaft der Menschen müssen wir nutzen. Denn nur eine hohe Impfquote kann uns vor weiteren Corona-Ausbrüchen schützen und für einen sicheren Schutz vor Virus-Varianten sind komplette Impfungen erforderlich“, sagt Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Leider seien die Impfstoffmengen weiterhin noch begrenzt.

KBV-Vorstandsvorsitzender Dr. Andreas Gassen. Foto: IMAGO / IPON

Impfen als einziger Weg aus der Pandemie

Gassen: „Die Praxen wissen erst sehr kurzfristig, wie viele Impfdosen sie bekommen werden.“ Das mache die Planung schwierig und führe mitunter dazu, dass einige Patienten sich zwei oder gar drei Termine machen, in Praxen und im Impfzentrum. „Der Erfolg der Impfkampagne steht und fällt mit der Menge des gelieferten Impfstoffs“, betont der KBV-Chef. „Die Prognosen des Bundesgesundheitsministeriums für die kommenden Wochen und Monate, dass mehr Impfstoff kommen wird, stimmen mich positiv. Impfen ist der einzige Weg, um aus der Pandemie herauszukommen.“

Rasanter Fortschritt im EU-Vergleich

Das Motiv ist eine Anzeige der KBV-Kampagne #IhreAbwehrkräfte zum Engagement der niedergelassenen Ärzte und Ärztinnen beim Impfen gegen Covid-19. Links im Motiv zeigt ein Foto eine Ärztin, die eine Impfspritze aufzieht. Im Hintergrund ist eine medizinisch
Mit der Kampagne #Ihre Abwehrkräfte informiert die KBV über das Engagement der niedergelassenen Ärzte und Ärztinnen beim Impfen gegen Covid-19. Foto: KBV

 

Damit das Engagement von Haus- und Fachärzten in der Öffentlichkeit und gerade auch bei Verantwortlichen aus der Politik sichtbarer wird, illustriert die Kampagne #IhreAbwehrkräfte den Einsatz der Niedergelassenen und ihrer Teams. Sie selbst geben der Aktion als Testimonials Namen und Gesicht. Fast 70.000 Vertragsärztinnen und -ärzte beteiligen sich an der bundesweiten Impfkampagne. Im EU-Vergleich ist Deutschland in dem Moment in Richtung Spitze marschiert, als die Arztpraxen mit dem Impfen gegen Covid-19 loslegten.

Dr. Stephan Hofmeister, stellvertretender KBV-Vorstandsvorsitzender. Foto: IMAGO / Reiner Zensen

„Wir alle wissen, dass die Pandemie ein Marathon ist und das Impfen der Endspurt. Angesichts von nur kurzfristig zur Verfügung stehenden Liefermengen beim Impfstoff und zahlreicher bürokratischer Bremsklötze sind die Bereitschaft – und ehrlich gesagt – auch das Durchhaltevermögen der Praxen bemerkenswert“, lobt der stellvertretende KBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Stephan Hofmeister. Die Kampagne #Ihre Abwehrkräfte zeige, dass hinter dem rasanten Impf-Fortschritt hierzulande außerordentliche Leistungen der Praxisteams stünden.   

Aufmerksamkeit für Arztpraxen

Bei der Kampagne machen Ärztinnen und Ärzte sowie ihre Praxisteams mit kurzen Botschaften an öffentlichen Plätzen sowie in Print- und Onlinemedien darauf aufmerksam, wie engagiert sie im Kampf gegen SARS-Cov-2 mit anpacken. Auch Patientinnen und Patienten unterstützen die Aktion. Zahlreiche Haus- und Fachärzte beteiligen sich an der Aktion, in dem sie sich in dem sozialen Netzwerk mit eigenen Bildern aus ihrer Arbeit und dem Praxisalltag beteiligen.

„Die Praxen sind angetreten, um zu impfen, damit wir die Pandemie in den Griff bekommen und so schnell wie möglich beenden“, verdeutlicht Gassen. Für den KBV-Chef steht fest, dass das Impf-Tempo hochgehalten werden muss und auch alle diejenigen angesprochen werden sollen, die unsicher hinsichtlich einer Impfung sind. „Es sollte zwar keine Impfpflicht geben, schon gar nicht für Kinder und Jugendliche“, bekräftigt Gassen. „Aber wir sollten gemeinsam alles dafür tun, um auch die in unserer Gesellschaft zu erreichen, die verunsichert sind, bei denen bisher keine Informationen angekommen sind oder die denken, nur eine Impfung tue es doch auch.“ Der Vorstandsvorsitzende plädiert dafür, die Mobilisierungs-Kampagnen von Bund und Ländern fortzusetzen.

Auch bereit für Auffrischimpfungen

Denn klar ist: Jede Impfung ist ein Schritt in Richtung Herdenimmunität. Ob die überhaupt in Reichweite ist? Der Chef des Zentralinstituts der Kassenärztlichen Versorgung (Zi), Dr. Dominik Graf von Stillfried, ist aufgrund der Delta-Variante skeptisch.

Impfspritzen warten auf ihren Einsatz: Mit Mobilisierungskampagnen sollen auch Menschen zur Covid-19-Schutzimpfung motiviert werden, die sich noch unsicher sind. Foto: IMAGO / penofoto

„Die Herdenimmunität ist ein kaum erreichbares und daher gemeinhin irreführendes Ziel“, sagte der Zi-Chef dem „Handelsblatt“. Von Stillfried rechnete dort vor, dass unter Berücksichtigung der eingeschränkten Empfehlung der Ständigen Impfkommission für Kinder und Jugendliche rund 69 Millionen potenzielle Impflinge übrigblieben: „Um einen Impfschutz von 85 Prozent der Bevölkerung zu erreichen, wären zirka 71 Millionen vollständig Geimpfte nötig. Bei einer Impfbereitschaft von 75 bis 80 Prozent ist das illusorisch, aber für eine Eindämmung des Virus und für die Vermeidung der Überlastung des Gesundheitswesens auch nicht notwendig.“

Unklar ist momentan noch, ob der Impfschutz nach einem bestimmten Zeitraum oder bei einem bestimmten Vakzin erneuert werden muss. Aber auch in diesem Fall ist klar: „Die Haus- und Fachärzte stehen natürlich auch für eventuelle Auffrischimpfungen gegen Covid-19 bereit. Sobald feststeht, für wen und wann Auffrischungen der Impfung nötig sind, können die Bürger in den Praxen geimpft werden – immer vorausgesetzt, es steht ausreichend Impfstoff zur Verfügung“, so Gassen.

Das Videovorschaubild zeigt Dr. Andreas Gassen, den Vorstandsvorsitzenden der Kassenärztlichen Bundesvereinigung.

In den vergangenen Monaten hätten die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte eindrucksvoll gezeigt, dass mit ihrem Einsatz die Impfkampagne deutlich Fahrt aufgenommen hat. „Sie betreuen ihre Patienten auch in Pflegeheimen und immobile Patienten zu Hause, auch diese Patienten können von ihnen problemlos mit weiteren Impfungen versorgt werden“, konstatiert der KBV-Chef.

Thomas Schmitt

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