Im Fokus
30.11.2023
Vom Wert der Freiberuflichkeit und Selbstverwaltung
Im Grunde gibt es kein Vertun: Freiberuflichkeit und das Prinzip der Selbstverwaltung sind das Fundament des erfolgreichen deutschen Gesundheitssystems. Dennoch sind beide zunehmend gefährdet. Mit Sorge beobachten die Selbstverwaltungspartner vermehrte Eingriffe, die sie mitunter als staatsdirigistisch wahrnehmen.
Wie grundlegend wichtig und schützenswert Freiberuflichkeit und Selbstverwaltung im Gesundheitswesen sind, will die KBV mit dem Web-Angebot #WieGehts stärker in den Fokus rücken. Was bedeuten die beiden Werte? Freiberuflichkeit heißt, dass die Ärztin und der Arzt oder die Psychotherapeutin und der Psychotherapeut in ihrem Versorgungshandeln weisungsunabhängig sind. Freiberuflichkeit ist somit in diesem Zusammenhang nicht wirtschaftlich zu verstehen.
Selbstverwaltung bedeutet, dass sich diejenigen untereinander organisieren, die sich täglich mit Gesundheit beschäftigen – also Ärztinnen, Ärzte, Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten im Rahmen ihrer Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen), gesetzliche Krankenkassen mit ihren Versicherten und Krankenhäuser. Sie gewährleisten gemeinsam durch ständigen Austausch in demokratischen Prozessen die medizinische Versorgung der Bevölkerung. Dabei organisieren sich die genannten Gruppen in bundesweiten Verbänden. Diese sind im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) vertreten.
Aushöhlen der Selbstverwaltung
„Am Ende findet die Behandlung zwischen Arzt und Patient statt und nicht im Parlament oder im G-BA. Da werden Rahmenbedingungen gesetzt. Wenn man diese zu eng oder undifferenziert setzt, krankt die Selbstverwaltung daran. Meine Sorge für die Zukunft ist, dass die Selbstverwaltung damit ausgehöhlt wird“, hatte das ehemalige KBV-Vorstandsmitglied Dr. Thomas Kriedel im Frühjahr im „Klartext“-Interview gewarnt. Die Möglichkeiten der gemeinsamen Selbstverwaltung seien seit seiner Anfangszeit in der KBV im Jahr 1981 deutlich eingeschränkt worden, so Kriedel.
„Die Freiheit der ärztlichen Berufsausübung wird seit Jahren zunehmend eingeschränkt“, betont KBV-Vorstandsvorsitzender Dr. Andreas Gassen. Überbordende Bürokratie, eine unzureichende Finanzierung und immer mehr staatliche Regelungen gefährdeten die freie Berufsausübung von Ärztinnen und Ärzten sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, die ausschließlich dem Wohl ihrer Patientinnen und Patienten verpflichtet seien. Hinzu käme, dass die Politik zunehmend versuche, die Selbstverwaltung durch staatsdirigistische Eingriffe zu schwächen.
Web-Angebot klärt auf
Mit dem Web-Angebot #WieGehts will die KBV deutlich machen, welche Folgen die Beschneidung von Freiberuflichkeit und Selbstverwaltung hat und was beide Werte ausmachen. Exemplarisch führt das Web-Angebot in mehreren Fragen und Szenarien vor Augen, welche Auswirkungen bestimmte Entwicklungen und Entscheidungen im Gesundheitswesen haben können. Und wo lauern Gefahren für Freiberuflichkeit und Selbstverwaltung? Beispielsweise in überbordender Bürokratie oder weil Akteure mitentscheiden wollen, die keine Expertise haben oder nicht unabhängig tätig sind.
Ergänzt wird das Informationsangebot durch das Video „Freiberuflichkeit in Zeiten digitaler Mitsprache“. Darin erläutert die Ärztin Dr. Anke Diehl, Chief Transformation Officer am Universitätsklinikum Essen, welche Vorteile die Digitalisierung auch für die Praxen bringen kann. So könnte eine funktionierende elektronische Patientenakte (ePA) die ärztliche Arbeit erleichtern, weil Vorbefunde leichter abrufbar seien und entsprechend freigegeben werden könnten.
Thomas Schmitt
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