14.02.2024

PraxisBarometer Digitalisierung 2023

Praxen digitaler – Halt an den Sektorengrenzen

Das Foto zeigt einen Arzt, der ein Tablet-PC in der Hand hält.
Zum sechsten Mal hat das IGES Institut das PraxisBarometer Digitalisierung für die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) erstellt. Über 3.000 Ärztinnen und Ärzte nahmen an der Befragung teil. Foto: Adobe Stock/Philipp Dimitri/Westend61

Die Digitalisierung in den Arztpraxen ist weiter auf dem Vormarsch. Allerdings gibt es noch zu überwindende Barrieren an den Sektorengrenzen. Das geht aus dem sechsten PraxisBarometer Digitalisierung 2023 der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) hervor.

 

Aus den Ergebnissen lässt sich ablesen: Insgesamt werden Anwendungen der Telematik-Infrastruktur (TI) beträchtlich öfter genutzt. Vor allem hat die digitale Kommunikation der Niedergelassenen untereinander stark zugenommen. So versenden mittlerweile rund 38 Prozent der Praxen über den E-Mail-Dienst „Kommunikation im Medizinwesen“ (KIM) Nachrichten. Vor einem Jahr waren es erst 20 Prozent. „Die Ergebnisse zeigen zweifelsfrei: Die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen sind für die Digitalisierung im Gesundheitswesen generell sehr aufgeschlossen“, sagt Dr. Sibylle Steiner, Vorstandsmitglied der KBV.

 

Nutzen bei Arztbriefen

Allerdings sei ebenso klar: „Digitalisierung muss durch einen konkreten Mehrwert für die ärztliche und psychotherapeutische Versorgung überzeugen“, so Steiner. Die Einführung digitaler Anwendungen sollte sich auf die Bereiche fokussieren, in denen aus medizinischer Sicht der größte Nutzen zu erwarten sei. Dies seien derzeit die digitale Übermittlung von Krankenhaus-Entlassbriefen, Arztbriefen sowie Befund- und Labordaten.

KBV-Vorständin Dr. Sibylle Steiner: "Die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen sind für die Digitalisierung im Gesundheitswesen generell sehr aufgeschlossen." Foto: axentis.de/Lopata

Was die KBV-Vorständin bemängelt: „Die Digitalisierung macht leider immer noch an den Sektorengrenzen Halt.“ Gerade im Austausch mit den Krankenhäusern ist der Anteil der digitalen Kommunikation weiterhin gering. Laut PraxisBarometer sagen nur knapp sieben Prozent der Befragten, dass die schriftliche Kommunikation mit Krankenhäusern nahezu oder mehrheitlich digital erfolgt. Besonders gravierend ist dies angesichts der Tatsache, dass 71 Prozent der Befragten einen großen Anwendungsnutzen in der digitalen Übermittlung von Krankenhaus-Entlassbriefen sehen.

 

Hoher Aufwand für ePA

Laut der Befragung ist die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) die meistgenutzte TI-Anwendung. Fast 92 Prozent der Befragten setzen sie ein. Aktuell weist die eAU unter den TI-Anwendungen zudem den höchsten Zufriedenheitswert auf: Fast 50 Prozent der Praxen geben an, eher bis sehr zufrieden zu sein.

Unzufriedenheit besteht weiterhin damit, dass das Verfahren nicht vollständig digitalisiert ist und weiterhin Papierausdrucke für Patientinnen und Patienten sowie teilweise für deren Arbeitgeber notwendig sind. So geben 29 Prozent der Praxen an, dass Patientinnen und Patienten wegen eines Akzeptanzproblems des Arbeitgebenden einen Ausdruck fordern und 34 Prozent, weil der Arbeitgebende die eAU nicht abrufen kann.

Aktuell weniger etabliert als die eAU oder das eRezept ist die elektronische Patientenakte (ePA). Das lässt sich insbesondere auf die geringe Nutzung durch die Patientinnen und Patienten zurückführen. 65 Prozent der Praxen geben zudem an, dass der Aufwand für die ePA höher ist als ihr Nutzen. Von den Praxen, die die ePA nutzen, berichten fast 60 Prozent, dass sie diese lediglich vorhalten, um Sanktionen zu vermeiden.

Steiner wies darauf hin, dass Verfahren so schnell wie möglich vollständig digitalisiert werden müssten. „Eine teilweise Digitalisierung schafft doppelte Aufwände und verringert damit die Akzeptanz in der Vertragsärzteschaft.  Bevor neue Bereiche für die Digitalisierung in den Blick genommen werden, sollte daher eine vollständige Digitalisierung bereits eingeführter Verfahren erfolgen“, konstatiert die KBV-Vorständin.

 

Thomas Schmitt

 

Ergebnisse des PraxisBarometers im Überblick

Die Ergebnisse aus dem PraxisBarometer Digitalisierung 2023 beruhen auf den Angaben von insgesamt 3.165 Ärztinnen und Ärzten sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten. Die Befragung hat das IGES Institut zum sechsten Mal im Auftrag der KBV im September und Oktober 2023 durchgeführt. Dieses Mal haben sich so viele Ärztinnen, Ärzte, Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten wie noch nie daran beteiligt.

Das PraxisBarometer Digitalisierung ist die bisher einzige bundesweite repräsentative Befragung von Vertragsärzten und -psychotherapeuten zur Digitalisierung in Praxen. Die detaillierten Ergebnisse des Praxisbarometers finden Sie hier