25.03.2022

Niedergelassene frustriert von eAU

Das Foto zeigt eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die neben einem Stethoskop liegt.
Lediglich jede fünfte Praxis kann die AU-Bescheinigungen für die Krankenkasse auch digital übermitteln. Foto: IMAGO / Shotshop

Nur ein kleiner Teil der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte kann die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) bisher digital versenden. Viele Praxen sind ernüchtert. Das zeigt eine Umfrage der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV).

 

Zwar verfügt schon fast die Hälfte der Arztpraxen (rund 40 Prozent) über das Softwaremodul für die eAU, dennoch kann lediglich jede fünfte Praxis die Bescheinigungen für die Krankenkasse auch digital übermitteln. Nur 13 Prozent der Praxen können die AU ausschließlich elektronisch versenden. An der Umfrage vom 13. bis 20. Januar haben laut KBV mehr als 5.300 Praxen teilgenommen.

Die Grafik hat die Fragestellung: „In welcher Form stellen Sie momentan Arbeitsunfähgikeitsbescheinigungen aus?“
Grafik: KBV

Technische Probleme

Vor allem Probleme mit dem KIM-Dienst und dem Update des Praxisverwaltungssystems wurden als Gründe von den Befragten genannt, warum die eAU in ihrer Praxis noch nicht funktionieren würde. Die Technik sei zwar sicher, aber auch zugleich noch unausgereift und unzuverlässig. „Der Dienst ist nicht so einfach wie ein E-Mail-System, sondern wesentlich komplizierter. Für die Installation brauchen daher viele Praxen IT-Spezialisten. Termine sind bei denen jedoch nur mit langem Vorlauf zu bekommen“, erklärte Dr. Thomas Kriedel, Vorstandsmitglied der KBV.

Die Grafik zeigt die Ergebnisse auf die Frage: „Weshalb versenden Sie aktuell noch keine elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung?“
Grafik: KBV

Zudem beklagten viele Ärztinnen und Ärzte den hohen Zeitaufwand nicht nur für die Installation, sondern auch für das Ausstellen der eAU. Die Übertragung dauere zu lange, Fehlermeldungen kämen oft erst, wenn der Patient beziehungsweise die Patientin bereits die Praxis verlassen habe. Außerdem müsse den Versicherten weiterhin ein gedrucktes Exemplar ausgestellt werden. Das koste ebenfalls Zeit.

Die Praxen sehen so in der eAU keinen Mehrwert, sondern nur mehr bürokratischen Aufwand. Die Zeit fehle dadurch für die Patientinnen und Patienten. Außerdem kritisierten die Ärztinnen und Ärzte, dass die Telematikinfrastruktur (TI) weiterhin störanfällig ist und sie beim Beheben technischer Probleme keine ausreichende Unterstützung erhalten.

„eAU wurde überstürzt eingeführt“

„Leider hat die Umfrage unseren Eindruck bestätigt, dass die eAU überstürzt eingeführt wurde“, sagte Kriedel. „Digitalisierung ist gut, aber es muss gut gemacht sein und ausreichend Zeit für alle Beteiligten geben“, forderte er. Die eAU greife massiv in die Praxisabläufe ein. „Die Technik muss daher unbedingt vorher für alle Systeme und mit allen Beteiligten ausreichend getestet werden“, verlangte Kriedel. Den Praxen empfiehlt er daher, zunächst weiterhin auf die gedruckten Exemplare auszuweichen, bis die Technik einwandfrei funktioniert. Die Versorgung habe Vorrang. Mit rund 90 Millionen Krankschreibungen pro Jahr zählt die AU-Bescheinigung zu den am meisten ausgestellten Bescheinigungen in Arztpraxen.

Das Foto zeigt eine Ärztin, die in ihrem Behandlungszimmer sitzt und in die Tastatur ihres Computers tippt. Vor der Tastatur liegt ein Stethoskop im Hintergrund stehen Medikamente.
Die meisten Niedergelassen sind sehr ernüchtert von den bisher eingeführten digitalen Anwendungen, obwohl sie der Digitalisierung offen gegenüberstehen. Foto: iStock / seb_ra

Kurswechsel in Digitalisierung erwartet

Zu ähnlichen Ergebnissen kommt das PraxisBarometer Digitalisierung 2021. Darin zeigten sich die Befragten sehr ernüchtert von den bisher eingeführten digitalen Anwendungen, obwohl sie der Digitalisierung offen gegenüberstehen. Die Niedergelassenen kritisierten in der Befragung die hohe Fehleranfälligkeit der TI. Ein ungünstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis und eine fehlende Nutzerfreundlichkeit sehen mehr als die Hälfte der Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten als starkes Hemmnis für die Digitalisierung des Gesundheitswesens. „Hier erwarten wir von der neuen Bundesregierung einen Kurswechsel hin zu einer versorgungsrelevanten Digitalisierung“, sagte Dr. Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KBV. Er forderte, in Zukunft die Praxen mit Nutzen statt Zwang von neuen digitalen Anwendungen zu überzeugen.

Lea Hanke

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