04.03.2022
Im PraxisCheck
Minister Lauterbach stellt sich Fragen der Ärzteschaft
Nach fast 100 Tagen im Amt lud die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach zur ersten Ausgabe von „Im PraxisCheck“ ein. Im neuen Videoformat der KBV antwortete der SPD-Politiker auf Fragen aus der Ärzte- und Psychotherapeutenschaft, erläuterte seine gesundheitspolitischen Pläne und bezog Stellung zu aktuellen Themen.
Das Interesse an der Veranstaltung war groß: Im Vorfeld reichten Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten knapp 500 Fragen ein. Bei den Fragen ging es längst nicht nur um die Corona-Pandemie – auch zahlreiche andere Themen kamen zur Sprache: Es ging um Ärztemangel, Bedarfsplanung, Vergütung, Entbürokratisierung und Digitalisierung.
Hilfe für Kriegsflüchtlinge
Zu Beginn dankte Lauterbach der Ärzteschaft für ihr Engagement für und die Solidarität mit den Menschen in der Ukraine. Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der KBV, betonte, die Niedergelassenen stünden für die Versorgung von ukrainischen Flüchtlingen bereit.
Auch mit Blick auf die Corona-Pandemie sprach Lauterbach seine Wertschätzung für die Niedergelassenen und ihre Teams aus. Insbesondere im Zuge der Impfkampagne sei in den Praxen Großartiges geleistet worden: „Das war herausragende Arbeit“, lobte er.
Dennoch machte er keine Zusage für einen Corona-Bonus für Medizinische Fachangestellte (MFA), wie er unter anderem von den Kassenärztlichen Vereinigungen und der KBV gefordert wird. Die Arbeit der MFA in den letzten zwei Jahren sei ohne Zweifel anzuerkennen, so Lauterbach. Finanzielle Vorteile, wie etwa eine steuerliche Besserstellung, seien allerdings erst mit anderen Ministerien zu koordinieren.
Qualität und Sicherstellung
Um die wohnortnahe und qualitativ hochwertige ambulante Versorgung zukunftsfest zu machen, sprach sich Lauterbach für Reformen bei der Bedarfsplanung aus. Als weitere Maßnahme sollten 5.000 zusätzliche Medizinstudienplätze pro Jahr geschaffen werden.
Um den medizinischen Nachwuchs wieder stärker für die Niederlassung zu begeistern, sei außerdem eine deutliche Entbürokratisierung für Praxisinhaberinnen und -inhaber notwendig. „So viel Zeit für die Behandlung wie möglich“, sei hier die Devise. Auch die Digitalisierung müsste darauf ausgerichtet sein, den Nettoanteil der direkten Patientenversorgung zu erhöhen.
Als „nicht ready for prime-time“ bezeichnete Lauterbach allerdings die TI-Anwendungen eAU und eRezept – entsprechend habe er diese vorläufig gestoppt. Digitale Anwendungen sollten erst dann ausgerollt werden, wenn sie ausreichend getestet wurden – und einen konkreten, spürbaren Nutzen für Ärzte und Patienten hätten. Dafür sei es auch notwendig, Digitalisierung mehr sektorenübergreifend zu denken und den Fokus auf Interoperabilität zu legen.
Da nicht für alle Fragen genügend Zeit blieb, gab sie der KBV-Vorstand dem Minister nach der Veranstaltung persönlich mit auf den Weg, damit er sich ein Bild machen kann, was die Ärzteschaft bewegt.
Hendrik Schmitz